Trossingen OPEN | Wenn Musik die Straßen erobert und Herzen berührt

Ein Blick hinter die Kulissen im Vorfeld von Trossingen OPEN – Aus einem Gespräch mit Organisatorin Susanne Wolf

Eine kurze Vorgeschichte von Trossingen OPEN

Die Inspiration für Trossingen OPEN ging aus dem Internationalen Straßenmusikfestival Trossingen im Jahr 2000 hervor. Nach vielfachen Überlegungen und einem Impuls von Stefan Kern vom Gewerbeverein entstand im Jahr 2019 zunächst die Idee eines Open Air Festivals in Trossingen.

Aufgrund von Zeitknappheit konnte diese Idee für 2019 allerdings nicht realisiert werden. In 2020 dann befand sich, wie wir alle zu gut wissen, die Welt in der Hochphase der Coronapandemie, daher konnte die Idee auch in diesem Jahr nicht umgesetzt werden. 2021 wurden die etwas kleiner konzipierten Maschkeplatz-Konzerte als Ersatzveranstaltung abgehalten, da ein so großes Event, wie Trossingen OPEN unter den unsicheren Bedingungen riskant war. Die insgesamt sieben Freitags-Konzerte auf dem Maschke-Platz wurden von Ensembles sowie einzelnen freiberuflichen Musikern gespielt, wobei die größeren und etablierten Ensembles auf ihre Gage verzichteten und diese stattdessen an diejenigen Musiker spendeten, die von Gagen leben mussten.

Und dann kam Corona…

Die Pandemie begünstigte sicherlich eine erhöhte Kooperationsbereitschaft und Verständnis unter allen Beteiligten und es waren schon im Vorhinein viele Kontakte geknüpft und Netzwerke verstärkt worden. Trossingen hat als Stadt kulturell viel zu bieten und doch ist vieles davon noch viel zu wenig bekannt. Vor allem die Musik nimmt in Trossingen einen zentralen Platz ein und ist ein wichtiger Faktor im Stadtmarketing.

Im Jahr 2022 traten noch einmal unvorhergesehene organisatorische Schwierigkeiten auf, doch schließlich konnte 2023 das lang ersehnte Event “Trossingen OPEN” stattfinden. Das Projekt involvierte zahlreiche Kulturschaffende, darunter die Hochschule für Musik (HfM) in ihrer ganzen Bandbreite, das Hohner-Konservatorium, sowohl die Stadtkapelle als auch die Stadtmusik Trossingen, das Orchester Hohnerklang, die Tanz- und Musikschule Trossingen und zahlreiche weitere Musiker und Künstler.

Titelfindung

Schnell war klar, daß sich der Begriff „Straßenmusik“ angesichts der Vielfalt an Beteiligten und der sehr unterschiedlichen Darbietungsformen für das geplante Format nicht eignete und stattdessen wurde der Arbeitstitel „Musik auf der Straße“ präferiert. Nach reiflicher Überlegung und lebhafter Diskussion entschied das Veranstaltungsteam jedoch, das Festival von der Hauptstraße weg und auf die zahlreich vorhandenen schönen Plätze Trossingens zu verlegen. Um klar zu kommunizieren, worum es geht, wurde als Untertitel der Begriff „Musiksommer 2023“ gewählt.

v.L. n.R. Frank Golischewski, Sebastian Tewinkel, Daniela Hügner, Susanne Wolf, Emanuel Werres

Brückenbau in der Kulturlandschaft Trossingens

Die Realisierung von Trossingen OPEN war ein organisatorischer Kraftakt, der ohne die tatkräftige Unterstützung verschiedener Beteiligter nicht möglich gewesen wäre. Die Zusammenarbeit mit der Hochschule verlief, nicht nur, aber allen voran, mit Emanuel Werres, dem Projektmanager des Landeszentrum MUSIK-DESIGN-PERFORMANCE, unkompliziert und sehr produktiv.

„Eine „go-for-it-Mentalität“ zeichnete die Lehrenden der Hochschule aus.“ Anika Neipp, Tobias Hoffmann und German Klaiber bereiteten beispielsweise ihre Studierenden über zwei Semester hinweg auf den Abend vor und integrierten die vorzubereitenden Beiträge in ihren Unterricht. Auch die Studierenden des Studiengangs Musikdesign griffen unter der Leitung von Florian Käppler die im Modul „MyBands“ von ihnen eingeprobten und teils auch selbst geschriebenen Songs aus dem Wintersemester auf und probten sie über das Sommersemester hinweg intensiv weiter. Matthias Anton legte sich mit seiner Big Band richtig ins Zeug, das Orchester unter Sebastian Tewinkel spielte so intensiv wie nie und Saar Berger und sein Hornensemble eröffneten gar das Festival mit einer großartigen Fanfare.

Rund ums Kesselhaus

Der Kesselhaus-Hof war komplett den Hohner-Instrumenten Akkordeon und Mundharmonika gewidmet: Unter der organisatorischen Regie von Frank Kitzke spielten hier über 180 Talente im Alter von 8 bis 88 Jahren. Die Musik- und Tanzschule hatte sich mit ihrem Sommerfest angeschlossen und schickte beispielsweise, für die musikalische Verbindung zur großen Bühne am Rathausplatz, ihre 25-köpfige Latin-Percussion-Marchingband auf den Weg. Sowohl die Stadtkapelle Trossingen mit ihrem neuen Dirigenten Franz Zhe Feng als auch die Stadtmusik Trossingen mit ihrem bewährten Dirigenten Oliver Helbich präsentierten sich bestens gelaunt einem voll besetzten Stadtpark, denn auch für die Bewirtung der insgesamt über 5000 FestivalbesucherInnen war bestens gesorgt durch die Zusammenarbeit mit dem Parkfood-Festival im Stadtpark und der Sektbar des Kunstwerk B.

Selbst der Auf- und Abbau, gestemmt durch viele Jugendliche des Stadtjugend-Referats verlief optimal unter der Leitung von Marc Molsner und Stefan Gsellinger. Nicht zuletzt ist hier auch der umsichtige und äußerst flexible Einsatz von GSB-Licht und Ton zu loben.

Resonanz

Die Neckarquelle berichtete auf zwei Sonderseiten äußerst positiv über Trossingen OPEN, selbst der Chefredakteur aus Schwenningen nahm an der Eröffnung teil; von den Zuschauern kamen Rückmeldungen wie „So etwas braucht Trossingen!“ oder „Bitte wieder!“ Das Festival feierte die reiche Kulturlandschaft Trossingens und verband Amateur- und Profimusik, bzw. zeigte deutlich, dass Grenzen verschwimmen. Es entstand eine Atmosphäre der Teilhabe und der gegenseitigen Unterstützung, wobei Grenzen angenehm verschwammen und Brücken gebaut wurden. Trossingen OPEN zeigt großes Potenzial für die Zukunft.

Über die Organisatorin von Trossingen OPEN

Susanne Wolf ist, mit Unterbrechungen, seit 1999 im Kulturbüro Südwest und seit 2021 auch freiberuflich und projektweise für die Stadt Trossingen tätig. Sie verfolgt als studierte Kulturpädagogin stets die Verbindung verschiedener kreativer Bereiche und investierte für Trossingen OPEN über zwei Jahre viel Zeit und Herzblut in dieses Projekt. Ihre Verantwortung erstreckte sich maßgeblich auf die Programmgestaltung, Planung, Koordination und Kommunikation von Trossingen OPEN. Das große gemeinsame Engagement, der Erfolg und die Verwirklichung ihrer Vision sowie das überwältigende Ergebnis der Veranstaltung am 24. Juni 2023 übertraf alle Erwartungen: „Kaum Luft nach Oben“ – wie die Neckarquelle begeistert kommentierte.

Bilder: Ralf Pfründer

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