
Das Bundesschulmusikorchester (BSMO) wird 30! Vom 19. bis 28. September 2025 verwandeln rund 80 Schulmusikstudierende aus ganz Deutschland die Musikhochschule Stuttgart in ein Zentrum gemeinsamer Proben, Konzerte und Begegnungen. Florian Lamar und Emily Birkert, beide Präsidiumsmitglieder des Bundesschulmusikchor und -orchester e.V., sprechen vor der anstehenden Arbeitsphase im September mit Konzert im Trossinger Konzerthaus am 26.09.2025 über Planung, Programm und die Besonderheiten dieser Jubiläumsarbeitsphase.
Selbstverwaltung und Eigeninitiative als Erfolgskonzept
Florian, im Herbst steht das Jubiläum bevor. Wie lange dauert die Planung einer solchen Arbeitsphase?
Wir planen etwa zwei Jahre im Voraus. Das Stuttgarter Team hat sich schon 2023 beworben, während unserer Würzburger Arbeitsphase. Der lange Vorlauf ist wichtig, weil wir frühzeitig Förderanträge stellen und Sponsoren gewinnen müssen. Nach den Konzerten kommt noch ein halbes Jahr Nachbereitung dazu – eine Projektphase beschäftigt uns und das Organisationsteam vor Ort jeweils insgesamt etwa zweieinhalb Jahre.
Wie setzt sich denn das Orchester zusammen?
Die Idee ist, Schulmusikstudierende aus ganz Deutschland für die Arbeitsphasen zu gewinnen: Die Anmeldephasen laufen eigentlich immer gut! Bei Streichern, Fagott oder Oboe müssen wir allerdings manchmal gezielt nachhelfen, andererseits gibt es momentan bei den Flöten oft mehr Bewerbungen als Plätze. Das ist immer wieder anders und bildet natürlich auch die Situation in den Studiengängen ab. Wenn es mal knapp wird, sprechen wir auch Alumni an oder beziehen Studierende anderer Fächer ein. Bisher waren wir aber immer spielfähig!
Wie findet Ihr Eure musikalische Leitung?
Das entscheidet das Organisationsteam. Für Stuttgart konnten wir Prof. Richard Wien von der HMDK Stuttgart gewinnen. Oft arbeiten die Teams mit Professor:innen ihrer Hochschulen zusammen oder mit Dirigent:innen, die sie aus früheren Projekten kennen.
Gab es Pläne, Chor und Orchester zum Jubiläum zu vereinen?
Ja, wir wollten wie 2017, als wir Mahlers Zweite Sinfonie erarbeitet haben, wieder gemeinsam auftreten. Aber die Unterbringungskosten wären zu hoch gewesen – allein die Jugendherberge hätte fast 60.000 Euro gekostet. Das Risiko war für das Team nicht tragbar.
Wie organisiert sich das BSMO?
Unser Verein hat rund 350 Mitglieder – aktive und ehemalige Schulmusikstudierende. Der Vorstand arbeitet dezentral: Ich sitze in Saarbrücken, meine Kolleg:innen in Detmold und Bonn. Wir unterstützen die lokalen Teams, die für Programm und Ablauf volle Verantwortung tragen. Diese studentische Selbstverwaltung ist Teil unserer DNA.
Was bedeutet das Jubiläum für Euch?
Die erste Arbeitsphase fand 1995 in Weimar statt. Schulmusikstudierende gründeten damals in Eigenregie das Orchester, um große sinfonische Werke zu erarbeiten – etwas, das in unserem Studium, in welchem umfangreiche Orchestererfahrung nicht primär vorgesehen ist, oft fehlt. Seitdem ist das BSMO stetig gewachsen und wurde zu einem bundesweiten Netzwerk, das seit 2017 auch für Chorsänger:innen Projekte plant und durchführt, zuletzt in Trossingen unter der Leitung von Prof. Michael Alber. Das anstehende Jubiläumsprojekt führt rund 80 Teilnehmende aus ganz Deutschland nach Stuttgart, das ist eine schöne Art, gemeinsam unser Jubiläum zu feiern.
Ein anspruchsvolles Programm für einen besonderen Anlass
Was erwartet das Publikum bei den Jubiläumskonzerten?
Wir spielen Prokofjews »Romeo und Julia«-Suiten, Rachmaninows »Rhapsodie über ein Thema von Paganini« mit Solist Alexander Sonderegger und Paul Dukas’ »Fanfare aus La Péri«. Das Programm hat das Stuttgarter Team ausgewählt. Wichtig war ihnen, wieder ein Werk mit Solist einzubeziehen – das letzte Mal gelang das vor über fünf Jahren. Ursprünglich stand dafür Ravels Klavierkonzert auf dem Plan, aber der Solist hat sich dann für Rachmaninow entschieden. Auch das eher kurze Stück von Dukas kam später hinzu. Dass das eher kurzfristig feststand, ist für uns sehr ungewöhnlich.
Neben den beiden Konzerten in Stuttgart in Trossingen wird es auch ein Vermittlungskonzert geben – Was habt ihr dafür geplant?
Wir arbeiten mit der Musikvermittlerin Dr. Cornelia Wild aus Karlsruhe zusammen, die seit einem Semester mit Studierenden im Rahmen eine Seminars ein Konzept für das Vermittlungskonzert erarbeitet. So wird beispielsweise die über die Musik erzählte Geschichte von Romeo und Julia mit Licht, Moderation und Quellenmaterial erzählt, ergänzt durch vor- und nachbereitende Unterrichtsmaterialien für die Klassen 5 bis 7. Das Programm wird in Ausschnitten gespielt, um Raum für Erklärungen und Interaktion zu geben. Ziel ist, jungen Menschen einen lebendigen Zugang zu klassischer Musik zu eröffnen.
Was macht für Euch persönlich den Reiz des BSMO aus?
Florian: Meine erste Arbeitsphase 2021 in Detmold war für mich ein Schlüsselerlebnis. An meiner Hochschule in Saarbrücken hat man, wie oft an anderen Hochschulen, als Schulmusiker nicht die Möglichkeit, im Hochschulorchester mitzuspielen. Das BSMO ist ein lebendiges Netzwerk, in dem Freundschaften über Jahre bestehen und diese Vernetzung ist für mich der Kern des Projekts.
Emily: Für uns im Organisationsteam ist es besonders, Teil dieser Gemeinschaft zu sein. Viele kommen Jahr für Jahr zurück – das schafft einen Zusammenhalt, der weit über eine Projektphase hinausgeht.
Ein Jubiläum mit Signalwirkung – Mit den Konzerten in Stuttgart und Trossingen feiert das BSMO nicht nur 30 Jahre studentisches Engagement, sondern sendet ein Signal für die Zukunft: Schulmusik lebt vom Austausch, von gemeinsamen Projekten und von der Leidenschaft, große Musikwerke jenseits des Studienalltags zu erarbeiten. Das Jubiläum zeigt, dass Begeisterung und Zusammenhalt auch nach drei Jahrzehnten ungebrochen sind und die Schulmusik nach vorn drängt, Engagement zeigt und dadurch sichtbar ist: Im Orchester spielend, im Chor singend oder in Schulen und anderen Einrichtungen gemeinsam mit anderen Menschen den Zauber der Musik vermittelnd.